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Into The Abyss
Seit ihrer letzten Veröffentlichung The Feathered Snake ist es um die Darmstädter Gothic-Rocker INTO THE ABYSS etwas stiller geworden. Grund hierfür waren diverse Line-Up Wechsel und die Tatsache, daß sich INTO THE ABYSS von ihrem Label Glasnost getrennt haben. Ich besuchte die Band während ihrer Aufnahmen zur Vorproduktion der nächsten CD und sprach mit ihnen über Vergangenheit und Zukunft. Mario Lang, seines Zeichens neuer Basser, konnte aufgrund beruflicher Gründe dem Interview nicht beiwohnen. 

? Seit Eurer letzten CD The Feathered Snake hat sich einiges getan. Erzählt doch erst mal was über die Line-Up Wechsel?
Janis: Es gab diese Line-Up Wechsel weil wir uns mit den Mitgliedern musikalisch nicht mehr so verstanden haben. In Zusammenhang mit diesen Wechseln gab es auch eine musikalische Weiterentwicklung.
Jens: Das Problem, das wir mit der Berrit hatten war halt dieses, daß sie zum einen nicht aus Musikrichtung kam und mit der Musik auch nicht so viel anfangen konnte. Zum anderen kam dann auch noch dazu, daß sie uns auf der Tour einige Male hat hängen lassen. Wir wollten sie richtig in die Band integrieren, aber dazu ist es nicht gekommen, weil wir gemerkt haben, wir passen persönlich einfach nicht zusammen. Mit Costa, was da das Problem war, wissen wir eigentlich gar nicht so recht. Irgendwie hat die Zusammenarbeit einfach nicht mehr funktioniert und dann haben wir uns mit ihm zusammengesetzt und darüber geredet. Wir haben uns dann im gegenseitigen Einverständnis geeinigt getrennte Wege zu gehen. So im Großen und Ganzen war das die Sache.

? War Berrit eigentlich ein gleichwertiges Mitglied? Immerhin ist sie als Ersatz für Helmut eingestiegen?
Janis: Was bedeutet Bandmitglied? Bandmitglied bedeutet nicht, daß der Name des- oder derjenigen auf der CD erscheint und daß man auf Bandfotos drauf ist. Das bedeutet viel mehr. Es gehört auch eine musikalische Entwicklung und eine Vertiefung in die Musik, die Texte, eben in die allgemeine Philosophie der Band dazu.

? Janis, nach dem Weggang von Costa bist du das einzige Mitglied, das von Anfang an dabei war?
Janis: Ja, ich meine, was soll ich dazu sagen? Wir waren ziemlich lang zusammen und das hat auch recht gut funktioniert, nur, irgendwann haben wir halt gemerkt, daß auch das Interesse von Costa nicht mehr vorhanden war. Nicht nur in Bezug auf die Band, sondern in Bezug auf Musik allgemein. Er ist seinen eigenen Weg gegangen und das habe ich, oder wir als Band, auch 100%ig akzeptiert. Aber wir müssen auch unseren Weg weitergehen und uns weiterentwickeln.
Wum: Ich habe auch den Eindruck gehabt, daß der Costa nicht mehr so richtig gewollt hat, und das finde ich schon sehr wichtig. Wenn man an einem Punkt angekommen ist, wo die Wege einfach auseinander laufen, ist es o.k. zu sagen "Dann trennen wir uns halt".

? Dann kommen wir jetzt mal zu Dir , Wum. Wie bist Du dazu gekommen?
Wum: So neu bin ich eigentlich gar nicht. Seit September 94 bin ich in Kontakt mit der Band. Es hat sich herausgestellt, daß wir uns gut verstanden haben und dann habe ich den Mischer-Job übernommen. Es hat sich dann halt so entwickelt, weil ich auch Gitarre spielen konnte und wir uns auch menschlich sehr gut verstanden haben und immer noch sehr gut verstehen.

? Kommen wir auf die unangenehme Geschichte mit Eurem Label zu sprechen. Im Moment steht Ihr doch ohne Deal da?
Janis: Wir haben das Label verlassen. Erst haben wir uns gut verstanden, aber diese Plattenfirma konnte seine Horizonte nicht erweitern, sprich: ein größeres Publikum ansprechen. Deshalb haben wir ein paar Forderungen gestellt was das Budget für die neue CD angeht, aber wir konnten uns da mit den Leuten nicht einigen. Dann haben wir halt gesagt "Wenn das so ist, suchen wir uns lieber ein neues Label". Das ist eigentlich die ganze Geschichte. Ich empfinde das auch gar nicht als so unangenehm.
Wum: Das ist ein ganz normaler Prozeß.
Hat es da vertragliche Probleme gegeben?
Janis: Es gab einen Vertrag, wonach sie die Option auf zwei weitere Alben nach The Feathered Snake hatten, allerdings nicht zu den gleichen Bedingungen. Das war auch irgendwo ihr Fehler und das haben sie auch zugegeben. Wir haben halt gewisse Bedingungen für das dritte Album gestellt, und diese Bedingungen wurden nicht erfüllt oder konnten nicht erfüllt werden. So ist es eben auseinander gegangen.

? Durch den Weggang von Berrit fehlt jetzt das von den Fans sehr beliebte stilistische Mittel der Violine. Beabsichtigt Ihr, einen neuen Violisten, bzw. eine neue Violistin einzustellen?
Jens: Ja, auf jeden Fall. Wir stehen auch gerade mit einem alten Bekannten von mir in Kontakt, und er war auch schon im Proberaum. Wir haben schon über die Rahmenbedingungen gesprochen und werden uns demnächst auch wieder treffen.
Wum: Was noch wichtig ist zu sagen, ist, daß die Geige beim Songwriting schon mitberücksichtigt wird. Wir arbeiten mit diversen Hilfsmitteln wie Expander, Sampler und Computer und dementsprechend werden die Geige und auch andere Instrumente schon für die Songs eingeplant.
Wie wollt Ihr das Ganze live rüberbringen?
Janis: Ja, nun, live sind wir schon längere Zeit ohne Violine aufgetreten. Das war auch nicht unbedingt ein Nachteil. Viele Fans haben uns gesagt, live kämen die Songs ohne die Geige besser, weil es eben rockiger und straighter klingen würde. Viele Bands sind der Meinung, die Songs müßten live genauso wie auf Platte klingen. Wir sind da anderer Meinung. Ein Song kann eine Variante A und ein Variante B haben. Das kann man dann auch unterschiedlich präsentieren.
Wum: Bei uns entwickeln sich die Songs auch weiter. Das hängt natürlich auch damit zusammen, daß wir jetzt zwei Gitarristen haben. Da kann man dann schon andere Sachen machen.

? Kommen wir nun zum neuen Songmaterial. Ihr habt ja jetzt auch einiges neu aufgenommen ...
Wum: Ja, sag mal, was Du davon hälst.

? Was ich davon halte? Hm, das ist eine zweigleisige Sache. Zwei Songs sind zumindest vom Gesang für Eure Verhältnisse sehr hart ausgefallen und bei den anderen beiden Stücken wurden durch die Samples klassische Einflüsse eingebracht. Das hat mir sehr gut gefallen.
Jens: Ja, gut, die klassischen Einflüsse. Wir haben bei einem Song jetzt ein Klavier mit dabei, beim anderen Song sind halt Geigen dazu gesampelt.
Wum: Ich würde auch eher von klassischen Instrumenten als von Klassik sprechen.
Janis: Wenn Klassikeinflüsse, dann eher unbewußt. Für mich haben diese Einflüsse so eine Soundtrack-Wirkung. Sie sind eben atmosphärisch. Wir wollten das einfach mal ausprobieren und wenn es paßt, dann paßt es eben. Das kommt auch sehr auf die Stimmung drauf an. Die anderen beiden Stücke, da beziehst Du dich bestimmt auf den Gesang. Es ist ja nun auch eine Vorproduktion. Im Studio hat man auch viel mehr Zeit und die Stücke werden sich bestimmt noch entwickeln. Generell bin ich aber nicht für eine härtere Richtung, was INTO THE ABYSS betrifft.

? Können die härteren Einflüsse auch auf Mario zurückzuführen sein? Er kommt ja nun aus der reinen Metal-Ecke?
Jens: Bei diesen Songs hat der Mario noch gar nicht mitkomponiert. Zumindest das Grundgerüst hat schon gestanden bevor Mario dazukam. Mario hat da sicher keinen Einfluß genommen.
Janis: Wir haben auch viel Wert auf das Zusammenwirken Bass/Schlagzeug gelegt. Das hat bei den älteren Sachen etwas gefehlt. Dann kommt noch dazu, daß Mario mit den Fingern spielt. Dadurch kommt auch mehr Druck auf. Ich würde aber nicht von einer härteren Entwicklung reden.

? Ihr steht im Prinzip zwischen dem Gothic- und dem Metallager. Ist den Gothics die Musik nicht zu hart, bzw. den Metalfans nicht zu soft?
Janis: Ja, das mag sein. Nur, die Frage ist, was bezeichnest Du als Gothic? Den Leuten, die den Gothicrock der 80er Jahre mögen, der ja auch sehr hart war, denen sind wir sicher nicht zu hart. Auf keinen Fall. Der Begriff hat sich gewandelt. Es gibt auch viele Leute, die 70er Art-Rock hören und die unsere Musik auch sehr gut finden, weil solche Einflüsse auch dabei sind. Generell hängt es davon ab, was für eine Musik man hört, und ob man bereit ist, seinen Horizont zu erweitern. Und bei den Metalfans ist es so, die entdeckten in den letzten Jahren immer mehr diese Gothic-Schiene. Diese Leute müssen die Sache aber weiter zurückverfolgen, weil sie oft nur PARADISE LOST oder, von den klassischen Gothicbands, nur FIELDS OF THE NEPHILIM kennen. Es gibt aber noch andere Sachen die man als gebildeter Musikhörer entdecken müßte.

? Trotzdem ist meiner Meinung nach Eure Zielgruppe recht eingeschränkt. Die jungen Leute verstehen unter Gothic LACRIMOSA oder GOETHES ERBEN. Ist es nicht schwierig in dieser Zeit mit Eurer Musik viele Leute anzusprechen?
Wum: Weiß ich nicht. Ich denke, es wäre aber ein Fehler, solchen Trends zu folgen und auf diesen Zug aufzuspringen. Dann wären wir die Band Nr. 123 auf diesem Zug. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das ein Vorteil wäre. Ich persönlich finde es viel wichtiger, einen eigenen Charakter und einen eigenen Wiedererkennungswert zu haben.
Janis: Im Endeffekt ist es auch eine Frage der Promotion. Du kannst die schrägste und schwierigste Musik auch kommerziell anbieten wenn Du konsequent an dieser Promotion arbeitest.

? Das ist auch eine gute Überleitung zur Zukunft von INTO THE ABYSS. Bestehen schon Kontakte zu anderen Labels hinsichtlich eines Deals?
Wum: Es ist nicht so, daß wir komplett ohne etwas dastehen. Es ist aber noch nichts sicher, und deshalb lohnt es sich auch nicht, darüber zu reden.
Jens: Konkret ist es so, daß wir ein Label haben, bei dem wir im Prinzip sofort unterschreiben könnten. Aber wir wollen erst mal sehen, was wir sonst noch so erreichen können.
Janis: Wenn alles glatt läuft wird die dritte CD noch im Oktober diesen Jahres erscheinen.
Wolfgang Volk (15.05.1997)
Weiteres zu Into The Abyss:

- Cosmogonia (CD-Check)